Von QuickBASIC zu VisualBASIC
für DOS und Windows

© Thomas Antoni, 20.12.07 - 19.7.08




Einleitung

Nachdem QuickBASIC lange Jahre von 1985 bis 1991 erfolgreich auf dem Markt gewesen war, löste Microsoft diese äußerst beliebte Programmiersprache Anfang der 90er Jahre durch VisualBASIC ab. Das ist die objektorientierte, ereignisgesteuerte BASIC- Variante von Microsoft. Die wenigsten Q(uick)Basic- Programmierer wissen, dass es mal eine sehr leistungsfähige DOS-Version von VisualBASIC gegeben hat, die oft auch "VBDOS" oder "VB-DOS" genannt wird. VBDOS 1.0 entstand sogar nach VB für Windows ("VBWIN") und wurde ca. 1992 nahezu zeitgleich zusammen mit VBWIN 2.0 aus VBWIN 1.0 abgeleitet.


Kurzübersicht der VisualBASIC-Versionen für Windows 3.x und DOS

  • Im Juli 1991 erschien die allererste VisualBASIC Version 1.0 für Windows. Diese Version machte noch einen etwas unausgereiften Eindruck.
  • Mitte 1992 brachte Microsoft das aus der Windows- Version abgeleitete VisualBASIC 1.0 für DOS heraus, weil man annahm, dass dem Betriebssystem DOS noch eine lange Zukunft bevorstehen würde. Das entbehrt nicht einer gewissen Komik, weil Microsoft bereits 1995 nichts mehr von DOS wissen wollte und es fast totschwieg! VBDOS war der direkte Nachfolger von QuickBASIC 7.1 / PDS. Die oft zu lesende Aussage, dass VBDOS der Vorläufer von VBWIN war, stimmt nicht, da es ja vorher schon VBWIN 1.0 gab. VBDOS gab es in einer Standard und in einer Professional Version. Die Standard Version war sogar mit einer deutschen Benutzeroberfläche lieferbar. Bei der Professional Version dachte Microsoft wohl, dass die Zielgruppe der Profi-Programmierer mit einer englischen benutzerführung keinerlei Probleme hat. Neuere Versionen von VBDOS über V1.0 hinaus waren zwar geplant, sind aber nie erschienen.
  • Ende 1992 kam VisualBASIC 2.0 für Windows heraus, das schon sehr ausgereift und komplett war.
  • Im Juni 1993 erschien das lange Zeit äußerst beliebte VisualBASIC 3.0 für Windows. Diese Version hatte eine moderne, runderneuerte Bedienungsoberfläche und bot Unterstützung für OLE und Datenbankzugriffe. Die Standard Version von VB 3.0 wurde auf 4 Disketten, die Professional Version auf 9 Disketten ausgeliefert.
  • Anfang 1996 gab es das erste 32-Bit VisualBASIC 4.0 für Windows 95. Diese Version war bereits ein echter Speicherfresser: Die Professional Version benötigte ca. 50 MB Platz auf der Festplatte.

Unterschiede zwischen der Standard und Professional Edition von VBDOS

Die Professional Edition hat gegenüber der Standard Version folgende Zusatzfunktionen
  • Toolbox für Präsentationsgrafiken
  • Toolbox für Tabellenkalkulationen
  • Toolbox für Matritzenberechnungen
  • Maus-Toolbox
  • Direkte Unterstützung von ISAM-Datenbanken (ISAM = index- sequential access method)
  • Erstellung von Programmen in Overlay-Technik (um den Speicher besser auszunutzen)
  • Erstellung eigener Steuerelemente
  • Erstellung anwenderspezifischer Online-Hilfen
  • Erzeugung eigener Installationsprogramme.
Man kann sagen, dass VBDOS-Standard der Nachfolger von QuickBASIC 4.5 und VBDOS-Professional der Nachfolger von QuickBASIC 7.1/PDS ist.

Spracherweiterungen von VBDOS gegenüber QuickBASIC 4.5 und 7.1/PDS

Über die neuen Zusatzfunktionen zur Erstellung grafischer Oberflächen hinaus hat VBDOS auch noch einige zusätzliche Befehle mit auf den Weg bekommen, die von vielen QuickBASIC- Programmierern bis dahin schmerzlich vermisst wurden.:
  • Felder können per REDIM vergrößert werden, ohne dass sie ihren Inhalt verlieren.
  • In anwenderdefinierten Felder (TYPE...END TYPE) sind wiederum Felder integrierbar.
  • Der Metabefehl OPTION EXPLICIT erzwingt Variablendeklarationen mit DIM, wie sie bei PASCAL und C schon immer üblich sind. Alle BASIC-typischen "impliziten" Variablendeklarationen werden dann abgewiesen. Dieses beseitigt eines der wichtigsten Argumente gegen die Programmiersprache BASIC und hilft, Fehler zu vermeiden.
  • ERROR$ liefert zu einem aufgetretenen Fehler die dazugehörige Fehlermeldung im Klartext.
Sie sehen also. Es gibt für QBasic- und QuickBASIC- Programmierer eigentlich keinen Grund, nicht auf VBDOS umzusteigen, selbst wenn sie weiterhin "prozedural" programmieren und die neuen ereignisorientierten Funktionen nicht nutzen wollen. Der Umstieg wird dadurch erleichtert, das VisualBASIC für DOS nahezu 100%-ig abwärtskompatibel zu QBasic und QuickBASIC 4.5/7.1 ist


Unterschiede zwischen VisualBASIC für DOS und Windows

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VBDOS
Entwicklungsumgebung


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VBDOS
Formulardesigner


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VBDOS
Beispielprogramm


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VBWin 3.0
Entwicklungsumgebung
Sowohl VBDOS als auch VBWIN ermöglichen eine schnelle, bequeme Entwicklung von Anwenderprogrammen, die eine komfortable, mausgesteuerte grafische Bedienoberfläche haben. Bedienungselemente wie Dialogboxen, Click- Buttons und Dateiauswahl- Listen lassen sich in beiden Programmierumgebungen blitzschnell über einen Formulardesigner zusammenklicken. VBDOS besitzt folgende Unterschiede gegenüber der Windows- Version:
  • Mit VBDOS kann man sowohl objektorientiert als auch "prozedural" im gewohnten QuickBASIC-Stil programmieren. VBDOS enthält quasi als Untermenge auch den QuickBASIC 4.5/7.1-Compiler. Vorhandene GW-BASIC-, QBasic- und QuickBASIC- Quellspracheprogramme sind daher problemlos auch unter VBDOS ablauffähig. VBWIN ist dagegen rein objektorientiert. Es kennt nur Ereignisprozeduren und kein eigentliches Hauptprogramm.
  • Mit VBDOS lassen sich eigenständige kompakte EXE-Programme erzeugen mit einer Größe ab 160 KB (!), die auch ohne Laufzeitmodul (DLL) ablaufen können. VBWIN benötigt immer ein Laufzeitmodul, das bei neueren VB-Versionen monströse Ausmaße von mehreren MByte annimmt.
  • Die mit dem Formulardesigner von VBDOS erzeugten Bedienungselemente verwenden keine echte Grafik, sondern eine Pseudografik, die aus ASCII-Zeichen besteht und auf den Text-Bildschirmmodus von 25 Zeilen x 80 Spalten beschränkt ist. Grafikmodi sind zwar wie bei QuickBASIC möglich, jedoch muss dazu die visuelle Anwenderoberfläche verlassen werden.
  • VBWIN unterstützt im Gegensatz zu VBDOS den hardwareunabhängigen Zugriff auf Grafikkarten, Drucker usw. sowie über 800 API-Aufrufe, das sind bereits durch das Betriebssystem bereitgestellte oft benötigte Programmfunktionen.
  • Mit der Multimedia-Programmierung tut man sich bei VBWIN wesenlich leichter, da die GDI-Grafikbibliothek die hardwareunabhängige Ausgabe von Grafiken auf Bildschirm, Drucker usw. ermöglicht (GDI = Graphical Device Interface). Außerdem wird das Abspielen von Multimedia- Effekten wie Sound, Video und Audio-CDs dank der MCI-Schnittstelle zum Kinderspiel (MCI = Media Control Interface).
  • Nur die Windows- Version von VisualBASIC bietet eine komfortable Programmierschnittstelle zu ODBC-Datenbanken wie MS Access- Datenbanken. Dabei wird die Datenbank- Abfragesprache SQL direkt unterstützt.
Ansonsten sind die Unterschiede zwischen VBDOS und VBWIN 3.0 gar nicht mal so groß. Daher lassen sich Quellsprache- Programme oft ohne große Probleme zwischen beiden Versionen portieren.




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